Mit fast 300 Anlagen und einer Leistung von 800 Megawatt haben die Initiatoren dieses Briefs einen großen Anteil an der heimischen Biogasproduktion im Umfang von 8 TWh. Mit ihren Produkten versorgen sie rein rechnerisch 1,1 Millionen Haushalte mit grüner Energie, vermeiden jährlich 3,6 Millionen Tonnen Treibhausgasemissionen und steigern die regionale Wertschöpfung. Damit diese positiven Beiträge erhalten und weiter ausgebaut werden können, müssen die bestehenden Optionen des Gasnetzanschlusses gesichert werden. Dazu unterbreiten die Unterzeichner im Zuge des Auslaufens der Gasnetzzugangsverordnung (GasNZV), der im Bundestag befindlichen Novellierung des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) (Drucksache 21/1497) und der anstehenden Umsetzung der Gasbinnenmarktrichtlinie (EU RL 2024/1788) folgenden Vorschlag zur Weiterführung der Netzanschlussregelungen für Biogasanlagen zum Gasnetz:
A. Ziele
Die künftigen Regelungen müssen:
- die klima-, geo-, wirtschafts- und energiepolitischen Realitäten und Ziele angemessen würdigen und auf Basis einer echten erneuerbaren-Gase-Strategie erfolgen (Wasserstoffstrategie erweitert um Biogas und synthetischen Gas),
- dem Gemeinwohl dienen (Ausgewogenheit zwischen Klima- und Umweltschutz, Rohstoff- und Energieunabhängigkeit und Wirtschaftlichkeit des Netzbetriebs),
- einen diskriminierungsfreien Zugang und Anschluss von Biogasanlagen zum Gasnetz ermöglichen,
- die Kosteneffizienz für Netzanschlüsse und bei der Bereitstellung von erneuerbarem Gas verbessern,
- wirksame Anreize für die Nutzung großer Anschlusskapazitäten schaffen (Skaleneffekte) und
- unbürokratische Antrags- und Genehmigungsprozesse schaffen, sowie Planungs- und Investitionssicherheit für Anlagen- und Netzbetreiber gewährleisten.
B. Gestaltungsvorschläge
Zur Erreichung der Ziele werden folgende Regelungsschwerpunkte vorgeschlagen:
- Die bislang in §33 GasNZV festgeschriebene Netzanschlusspflicht und das Verfahren zum Netzanschluss von Biogasanlagen müssen zwingend unverändert in verbindlichen Regelungen übernommen werden. In einem sehr dynamischen Umfeld geben diese Regelungen sowohl Biogasanlagen- als auch Netzbetreibern Sicherheit für die Prüfung, Planung, Realisierung und Kostenaufteilung des Netzanschlusses.
- Die Steigerung der Kosteneffizienz beim Netzanschluss muss gleichermaßen durch Anstrengungen von Biogasanlagen- und Netzbetreibern realisiert werden. Dabei sind stark regulatorisch beeinflusste Erlösoptionen in den Biogasmärkten (Verkehr, Wärme, Strom und Industrie) als auch die Transformation der Netze gleichermaßen in den Blick zu nehmen.
- Das System der Kostenteilung hat sich dabei in der Vergangenheit bewährt und sollte unverändert wie in § 33 Abs. 1 GasNZV übernommen werden. Es ist zu prüfen, ob die bis 2021 genutzte Interpretation Vorteile bietet, indem die Beteiligung des Biogasanlagenbetreibers an den Netzanschlusskosten unabhängig von der Leitungslänge für den ersten Leitungskilometer (inklusive Einspeiseanlage) auf einen Festbetrag (bspw. 250.000 Euro) begrenzt wird und erst ab mehr als 1 km Verbindungsleitung die zusätzlichen Kosten vom Netzbetreiber zu 75 Prozent und vom Anschlussnehmer zu 25 Prozent getragen werden.
- Die Errichtung des Netzanschlusses muss verlässlich, schnell und kosteneffizient erfolgen. Mit der Netzanschlusszusage hat der Netzbetreiber dem Anlagenbetreiber eine verbindliche Aufstellung der Kosten mit Realisierungsfahrplan zu überreichen, zu welchen der Netzbetreiber den Netzanschluss errichten würde. Dem Anlagenbetreiber wird eine befristete Option eingeräumt, in welcher er erklären muss, ob er die Planung und Errichtung der Einspeiseanlage übernehmen will. Damit soll eine erhebliche Kostenreduktion und Beschleunigung des Netzanschlusses ermöglicht werden. Der Anlagenbetreiber ist bei Ausübung der Option verpflichtet, die technischen und rechtlichen Anforderungen, insbesondere notwendiger Erfordernisse, wie sie sich aus der Kostenkalkulation des Netzbetreibers ergeben, zu erfüllen. Nach der Inbetriebnahme der Einspeiseanlage ist der Netzbetreiber verpflichtet, die Einspeiseanlage vom Anlagenbetreiber zu den nachgewiesenen Herstellungskosten, abzüglich der festgelegten Kostenbeteiligung des Anlagenbetreibers (s.o.), zu erwerben. Die ansetzbaren Herstellungskosten werden auf die Eigenerrichtungskosten des Netzbetreibers beschränkt. Zur Sicherstellung vergleichbarer Vertragsbedingungen wird unter Beteiligung der Interessenvertreter der Marktbeteiligten (z.B. Verbände) ein Mustervertrag für die Errichtung des Netzanschlusses durch die BNetzA zur Verfügung gestellt.
- Der Betrieb und die Entstörung der Einspeiseanlage erfolgt im Namen und auf Rechnung des Netzbetreibers. Anlagenbetreibern wird die Möglichkeit eingeräumt, Serviceleistungen im Zusammenhang mit dem Betrieb der Einspeiseanlage (u.a. Störungsbeseitigung) wahr-zunehmen. Etwaige Qualifikationsvoraussetzungen müssen durch den Anlagenbetreiber oder einem von diesem beauftragten Erfüllungsgehilfen eingehalten werden.
- Zur Senkung der Herstellungs- und Betriebskosten werden die regulatorischen Anforderungen an Einspeiseanlagen – analog zu erfolgreichen Ansätzen in Frankreich und Italien – angepasst. Dort können Netzanschlüsse durch eine enge Kooperation zwischen Netzbetreibern und Anschlussnehmern bereits heute zu einem Bruchteil der bisher üblichen Kosten umgesetzt werden. In den verschiedenen Regelwerken sind insbesondere die Bestimmungen zur Resilienz und Anforderungen an die Betriebsführung auf ihre Notwendigkeit für Biogasanlagen mit ihrer spezifischen Einspeisekapazität zu prüfen.
- Alle Regelungen zum Netzanschluss sind regelmäßig zu überprüfen, ob sie die politischen Ziele zur Defossilisierung des Gasmarktes (vgl. EU RL 2024/1788 Art. 1) und über die zu steigernde Erzeugung von nachhaltigem Biogas in der EU (EU VO 2024/1789, Erwägungsgrund 19) angemessen unterstützen. Vor dem Hintergrund der stark regulatorisch beeinflussten Erlösmöglichkeiten in den Biogasmärkten für Verkehr, Wärme, Strom und Industrie können die Regelungen zum Netzanschluss regelmäßig überprüft und ggf. im Hinblick auf die Steigerung der Kosteneffizienz angepasst werden.
